Geographische Lage
Die Hochebene von Pheneos befindet sich im Nordosten der peloponnesischen Halbinsel und war in der Antike Teil der Region Arkadien. Das Tal liegt auf etwa 700 m ü.d.M. und wird eingefasst von bis über 2.000 m hoch aufragenden Gebirgen, nämlich dem Ziria bzw. Kyllene-Massiv samt dessen Ausläufer, dem Gerontion, im Nordosten, dem Oligyrtos-Gebirge mit den Gipfeln Skipieza und Mavrovouni im Südosten, im Westen durch das Chelmos-Gebirge mit dem vorgelagerten Berg Dourdouvana sowie dem Berg Oryxis bzw. Saitas im Südwesten.
Von Norden bzw. Nordwesten bringen die Flüsse Phoniatikos/Olbios und Erymanthos Wasser in die Ebene, das diese nur über Sinklöcher im Kalksteinuntergrund, sogenannte Katavothren, wieder verlassen kann. Ein Verstopfen der Sinklöcher führte in den vergangenen Jahrtausenden mehrmals zum temporären Entstehen eines Sees in der Hochebene, der sich vom Südende des Tals ausgehend unterschiedlich weit nach Norden ausdehnte.
Der Hügel von Pheneos mit den archäologischen Hinterlassenschaften liegt im nordwestlichen Teil der Ebene und trägt die Flurnamen „Pyrgos Kalyvia“ sowie „Dragata. Der höchste Punkt des Hügels („Akropolis“) liegt im Nordwesten, von wo aus sich ein Ausläufer nach Osten und ein zweiter Ausläufer nach Süden erstrecken. Das Heiligtum des Asklepios befindet sich am Fuße dieses südlichen Ausläufers, während sich die von EFA Korinthias und ÖAI/Universität Graz archäologisch erforschten Areale vom nördlichen Abhang der „Akropolis“ über den östlichen Ausläufer ziehen. (Zu Geographie und Topographie des Beckens von Pheneos siehe die Beiträge von G. Stangl und K. Tausend in Tausend 1999)
Geschichtlicher Abriss
In der Antike war Pheneos eine arkadische Polis, die ihre erste Erwähnung im „Schiffskatalog“ der Ilias von Homer findet (Il. 2, 605). Die Stadt erhielt ihren Namen von ihrem Gründer, dem lokalen Heros Pheneos. Auch Pausanias verbindet Pheneos mit zahlreichen Mythen und Heroen, allen voran Herakles, dem er unter anderem den Bau eines Walls bzw. Damms zur Entwässerung der Ebene zuschreibt. Nach Pausanias soll weiters Odysseus hier ein Heiligtum für Artemis gegründet haben. Zudem beschreibt er Heiligtümer der Demeter, der Athena, des Apollon sowie des Hermes, aber auch das Grab des Iphikles sowie ein Stadion, in welchem die Pheneaten Wettkämpfe zu Ehren des Gottes Hermes abgehalten hätten (Paus. 8,14,2–7; 14,9-12; 15,1–6). Plutarch indes berichtet, dass Herakles im Tal von Pheneos jenen Dreifuß versteckt habe, den er dem Orakel von Delphi gestohlen hatte, wofür die Pheneaten tausend Jahre danach durch eine Überschwemmung ihrer Hochebene bestraft worden wären (Plut. de Sera 12.10). Polybios erwähnt Pheneos als eine jener zehn Städte, die Kleomenes aus dem Achaiischen Bund herausgenommen hätte (Pol. 2,52).
Nur wenige historische Daten liegen über das Gebiet von Pheneos vor. Insgesamt waren die Stadt und das Becken wohl von geringer historischer Bedeutung, nicht zu unterschätzen ist aber die verkehrstechnisch äußerst günstige Lage. Aufgrund spartanischer Interessen in Achaia ist die Stadt im 6. Jahrhundert v. Chr. vermutlich zum Peloponnesischen Bund zu zählen. Im 5. Jahrhundert sind erstmals Münzprägungen in Pheneos belegt, wohl eine positive Auswirkung des Peloponnesischen Krieges. Es ist naheliegend, dass sich manch Einwohner von Pheneos, wie für viele arkadische Gemeinschaften nachweisbar, als Söldner verdingte. Nach der Schlacht von Leuktra war Pheneos zunächst Teil des Arkadischen Bundes, stellte sich nach dessen Auflösung aber mit Mantineia und anderen Städten auf die Seite der Spartaner.
Erst im späteren 3. Jahrhundert v. Chr. taucht Pheneos wieder in den Quellen auf, jetzt als eine jener Städte, die von Kleomenes III. während des gleichnamigen Krieges eingenommen wurden. Nach dessen Niederlage bei Sellasia wurde Pheneos Teil des Achaiischen Bundes, bei dem es bis zur römischen Machtübernahme in Griechenland verblieb. Danach verliert sich die Spur der Stadt weitestgehend. Pausanias findet sie bei seinem Besuch in Teilen ruinös, aber durchaus belebt vor. Das letzte antike Zeugnis sind Münzen, die Pheneos in severischer Zeit prägte. (Zu den antiken Quellen und historischen Daten für Pheneos siehe die Beiträge von M. Pretzler in Tausend 1999)
Zur Forschungsgeschichte
Die Geschichte der wissenschaftlichen Erforschung von Archaia Pheneos beginnt um die Mitte des 20. Jahrhunderts, wobei der Fokus zunächst auf dem südöstlichen Fuße des Hügels lag. In den Jahren 1958 bis 1964 führte Evangelia Protonotariou-Deilaki hier erstmals archäologische Ausgrabungen durch (Protonotariou-Deilaki 1961–1962; Protonotariou-Deilaki 1965). Sie stieß dabei auf ein Asklepios-Heiligtum, das von Pausanias unerwähnt blieb. Entdeckt wurden zwei größere Räume, diverse Nebenräume und ein Peristylhof an der Ostseite des Gebäudes. Im Norden des Komplexes wurden ein mittelhelladischer Apsidenbau sowie eine Mauer mykenischer Zeit freigelegt. In den Jahren 1976 und 1977 fanden weitere Untersuchungen durch die archäologische Behörde statt. Ab 2011 wurden durch die 37. Ephorie für prähistorische und klassische Altertümer (Konstantinos Kissas) in Kooperation mit der Universität Trier (Torsten Mattern) wieder regelmäßige Grabungskampagnen durchgeführt und das Heiligtumsareal weitestgehend freigelegt (Kissas – Mattern 2016; Kissas et al. 2017b).
Von Surveys zu Ausgrabungen
Von 1995 bis 1999 führte das damalige Institut für Archäologie der Karl-Franzens-Universität Graz (nunmehr Institut für Antike, Universität Graz) unter Leitung von Klaus Tausend und Gabriele Koiner (vorm. Erath) im Becken von Pheneos sowie im nordwestlich angrenzenden Becken von Lousoi großräumig Begehungen und Surveys durch (Tausend 1999). Dabei wurde besonderes Augenmerk auf die Verkehrswege der Region gelegt sowie eine erste Untersuchung und Dokumentation der archäologischen Landschaft vorgenommen.
Im Jahr 2008 führte die 37. Ephorie (heute EFA Korinthias) unter der Leitung von Konstantinos Kissas eine Reinigungs- und Sanierungskampagne auf dem Areal des Asklepieions sowie in diversen Bereichen auf dem Hügel von Pheneos durch (Kissas 2011; Kissas 2013). Dabei wurde im Bereich der Umfassungsmauer des Asklepieions ein kleiner Probeschnitt angelegt, in dem eine gepflasterte Straße auf den Hügel nachgewiesen werden konnte. Der freigelegte Teil dieser Straße zeigt zwei Bauphasen, eine aus frühhellenistischer und eine weitere aus späthellenistischer Zeit. Auf dem Hügel selbst wurde entlang dessen Nordflanke ein ca. 200 m langer Abschnitt einer Befestigungsmauer mit vier Türmen entdeckt.
In einer synergasia der 37. Ephorie (Konstantinos Kissas) mit dem ÖAI Athen, vor Ort vertreten durch die Universität Graz (Peter Scherrer), fanden von 2011 bis 2015 archäologische Grabungen an dieser Befestigungsmauer statt (Giannakopoulos et al. 2012; Lehner et al. 2013; Kissas et al. 2014; Kissas et al. 2017a). Dabei wurden insgesamt elf Grabungsschnitte angelegt, verteilt über den gesamten bekannten Mauerverlauf von rund 350 m (zur Mauer siehe Lehner – Tausend 2014; Tausend – Tausend 2014; siehe auch Maher 2017). Es handelt sich um eine zweischalige Anlage aus grob bearbeiteten, zumeist trapezoidalen, fallweise polygonalen, Kalk- und Konglomeratsteinen, die direkt auf den anstehenden Schieferfelsen gesetzt wurde. Am Ostende zeigte sich ein sorgfältiger Abschluss, jedoch ohne Hinweis auf ein Torgebäude an dieser Stelle. Neben den bereits bekannten, vier halbkreisförmigen Türmen konnte am Ostplateau noch ein fünfter, dreiviertelkreisförmiger Turm (Grabungsfläche A/AI) freigelegt werden, der einen Richtungswechsel in der Mauer markiert. Die Türme wurden im Verband mit der Kurtine errichtet und weisen jeweils einen Durchmesser von ca. 5,50 m auf, während man die Mauer selbst in einer Stärke von 3,20 m errichtete. Am steilen Abhang unter der „Akropolis“ (Grabungsfläche H/HI) wurde im Bereich einer Verbreiterung der Mauer auf rund 5,70 m der untere Teil eines Stiegenaufgangs zur Epalxis angetroffen.
Zudem wurde bei der Suche nach einer Eingangssituation am Osthang des Hügels das Areal eines archaisch-klassischen Heiligtums freigelegt (Grabungsfläche J/JI/JII), in dem unter anderem der Sockel eines Kultbildes und, neben großer Mengen importierter und lokaler Keramik, zahlreiche qualitätvolle Bronzeartefakte gefunden wurden.
Das Fundmaterial
Insgesamt umfasst das reiche Fundmaterial von den Grabungen im Nordbereich des Hügels einen Zeitraum vom Neolithikum bis Hellenismus sowie Mittelalter und frühe Neuzeit. Nachantikes stammt insbesondere aus den Grabungsschnitten neben der modernen Kirche (Schnitte A/AI und B/BI) auf dem Ostplateau des Hügels sowie vom Steilhang unterhalb der „Akropolis“ (insbesondere Fläche M/MI/MII). Im Bereich der Kirche stieß man zudem auf mehrere spätmittelalterliche Körpergräber (Kraschitzer 2020). Eine Reinigungskampagne auf der Spitze der „Akropolis“ ergab Mauern und Gebäudereste, die mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls als mittelalterlich anzusprechen sind.
Auf dem Ostplateau des Hügels wurden in geringer Tiefe mehrere Phasen einer mittelhelladischen Siedlung festgestellt, darunter Mauerreste von Gebäuden sowie Bestattungen von Säuglingen (Zavadil 2020; Zavadil 2016). Das bronzezeitliche Fundmaterial umfasst neben dem zugehörenden mittelhelladischen Material auch wenig Keramik der mykenischen Periode. In demselben Areal wurde in einer kleinen Tiefsondage außerdem neolithische Keramik angetroffen.
Bereits während der Feldarbeiten wurde mit der Aufarbeitung und Dokumentation der Funde im Museum von Archea Feneos begonnen. Diese Arbeiten konnten auch nach 2015 jährlich (mit Ausnahme von 2020) fortgesetzt werden.
Es liegen bereits eine Vorstudie zu einer hochhellenistischen Deponierung (Trinkl et al. 2020), akademische Abschlussarbeiten zu ausgewählten Fundkomplexen (Scherer 2023, Klöckl 2020, Bayer 2019, Löckher 2015) sowie publizierte Einzelstudien vor. Die Endpublikationen von Befunden und Funden sind in Vorbereitung.
Dauer und Ausführung des Forschungsprojektes
Die Dauer des Grabungsprojektes betrug fünf Jahre, Aufarbeitung des Fundmaterials und Publikationsvorbereitungen laufen seit 2016.
2011–2013: Ausgedehnte Reinigungsarbeiten; geophysikalische Prospektion; kleinflächige Sondagen innerhalb des als archäologisches Denkmal ausgewiesenen Areals und systematische Ausgrabung der Befestigungsmauer und der Türme.
2014–2015: Vervollständigung der Grabungstätigkeiten; zeichnerische und fotografische Dokumentation der Funde im Feld.
2016–2019: Aufarbeitung des mit der Befestigungsmauer in Verbindung stehenden Fundmaterials im Museum von Archea Feneos durch ein Team des Instituts für Antike der Universität Graz.
2020: Pandemiebedingte Pause in Griechenland.
2021: Beginn der Dokumentation des Fundmaterials aus dem Kultbezirk am Osthang.
Publikation der Forschungsergebnisse
Die Publikation der Grabungsfortschritte erfolgte laufend in Fachzeitschriften (siehe Literatur).
Die Endpublikationen von Befunden und Funden sind in Vorbereitung.